In NRW steht aktuell Georg Büchners »Woyzeck« als Pflichtlektüre auf dem Prüfungsplan. An der Gestaltung der Reihe habe ich damals lange gesessen: Das Fragment ist als vergilbter, unfertiger Zettelkasten überliefert, bei dem die einzelnen Puzzlestückchen nicht so recht zusammenpassen wollen. Gerade das macht das Werk aber so spannend!
Die Materialien, die ich euch hochladen kann, geben meine Reihe im Q1-LK ebenfalls nur fragmentarisch wieder, weil ich bei Lektüren häufig materialfrei arbeite (Lektüre raus, Arbeitsauftrag an der Tafel) und insbesondere (copyrightgeschützte) historische Fachtexte genutzt habe. Aber sicher findet ihr hilfreiche Anregungen! 🙂
- Tafelbild »Handlungsüberblick« (⬇️png)
- Reihen-Überblick zu »Woyzeck« (⬇️png)
- Reihen-Überblick blanko (⬇️png)
- Methodenblatt Rollenbiographie (⬇️docx / ⬇️pdf)
- Tafelbild »Das Bürgertum« (⬇️png)
- Illustration zum Playback-Theater (⬇️png)
- Vertonung vom Mord an Marie (⬇️mp3)
- Der Spannungsbogen (⬇️docx / ⬇️pdf)
- Probeklausur (⬇️docx / ⬇️pdf)
- Feedbackbogen (⬇️docx / ⬇️pdf)
- Spiel zur Klausurvorbereitung (⬇️docx / ⬇️pdf)
- Lesezeichen-Challenge (⬇️png)
Eingestiegen bin ich mit einer Lehrererzählung, wie der Journalist Karl Emil Franzos im 19. Jahrhundert an die Dokumente aus dem Nachlass des vor Jahrzenten verstorbenen Autoren Georg Büchner kam. Und wie unterwältigt Franzos war, als er Büchners letztes Drama »Woyzeck« nur als krakelige, kaum lesbare, durcheinander gekommene Loseblattsammlung vorfand…

Das sollten meine Schüler*innen nachfühlen: Ich warf ihnen (buchstäblich!) die Einzelszenen – kopiert, zerschnitten ohne Szenen-Nummern und gut durchgemischt – quer über den Tisch. In Kleingrüppchen hatten sie die Aufgabe, die Szenen zu lesen und, wie Franzos, ein möglichst sinnvolles Drama daraus zu bauen. Das klappte fantastisch: Der Spieltrieb war geweckt und es war sichergestellt, dass der Kurs auch wirklich alles gelesen hatte 🙂
Dem Kurs gelang es, die Handlungsfäden zu rekonstruieren: Die meisten Gruppen orientierten sich an Marie und Woyzecks Beziehung. Eine clevere Gruppe stellte auch Woyzecks Messer als roten Faden heraus (erst erwähnt er es, dann kauft er es, mordet damit, will es später verschwinden lassen…). Das Tafelbild von damals ist oben hochgeladen. Damit war der Grobüberblick erarbeitet, ab nun bekamen die S*uS auch endlich ihre Lektüren.
Oben findet ihr ebenfalls den Reihen-Überblick, an dem sich der Kurs immer orientieren konnte – inklusive Blanko-Vorlage. In der Sek II beginne ich alle Lektüre-Reihen mit demselben Aufbauraster, damit die S*uS merken, dass immer ähnliche Aspekte an einem literarischen Werk relevant sind und wir nicht einfach irgendwas interpretieren, jedoch die Schwerpunkte variieren.
Wir haben uns dem »Woyzeck« zunächst über die Figuren genähert: Wir haben alle Figuren unter den S*uS aufgeteilt. Sie haben alle Szenen herausgesucht, in denen ihre Figur auftaucht und haben dann Steckbriefe (mit festen Daten) erarbeitet und Rollenbiografien (siehe Methoden-Blatt oben) in der Sprache der Figur verfasst und im Kurs vorgetragen. Auf der Grundlage haben sie auch eine Figurenkonstellation erarbeitet: Als großes Standbild mit Namensschildern (das Foto lade ich selbstredend nicht hoch 😊).
Es folge dann eine lange Phase »Close Reading« von Einzelszenen (materialfrei), um die Methodik zur Szenenanalyse zu vertiefen – mal mit Gesprächsdynamiken als Schwerpunkt (Hauptmann-Szene, mehrere Szenen mit Marie), mal mit sprachlichem Schwerpunkt (Figurensprache des Doktors).
Darauf aufbauend haben die S*uS verschiedene historische Kontexte erarbeitet und auf die bereits besprochenen Szenen bezogen. Nicht alle Schüler*innen in NRW haben in der Q1 Geschichte und aus einem dumpfen »Früher war alles schlimm«-Verständnis lässt sich Büchner nicht verstehen. Ich kopierte den S*uS einen Überblick aus dem Geschichtsbuch (siehe Tafelbild oben), außerdem Texte über die Werte des Bürgertums im 19. Jahrhundert (mit Material aus der »Abi-Box«, unbezahlte Werbung) und die Bewegung des Vormärz (mithilfe des guten alten »Metzler Literaturlexikons«). Die S*uS bekamen beim Rückgriff auf das Drama ein gutes Gefühl für Büchners ganze Gesellschaftskritik, weil Hauptmann und Doktor sich einfach so gar nicht verhalten, wie das Bürgertum es doch angeblich tat…
Exkurs: Nach einem Impuls-Referat zu Georg Büchner von einigen Schüler*innen haben wir dann sehr ausführlich den »Hessischen Landboten« durchgearbeitet. Etwas Sachtextanalyse schadet nie und um ein Gefühl für den Vormärz und die politische Ausrichtung Büchners zu bekommen, hat sich das sehr gelohnt. Der Text findet sich leicht online, ist aber auch in vielen Deutschbüchern komplett oder gekürzt abgedruckt.
Die Beziehung zwischen Marie und Woyzeck haben wir über theaterpädagogische Methoden erarbeitet. Wir haben alle Szenen der beiden gespielt und besprochen, z.B. als Playback-Theater, als szenische Lesung mit verschiedenen Emotionen, eingesprochen ins iPad… Zuletzt haben wir in einem Gerichtsprozess diskutiert, ob Woyzecks Tat Mord ist oder er ein schuldunfähiger Kranker ist, dem übel mitgespielt wurde. Die Diskussion war sehr hitzig!
Wir haben dann klassische Dramentheorien mit dem Deutschbuch erarbeitet (Aristoteles‘ Tragödientheorie und seine drei Einheiten, Gustav Freytags Dramendreieck, Lessings »Hamburgische Dramaturgie«, das Konzept »Katharsis«) und an Beispielen illustriert – glücklicherweise hatten alle S*uS in der EF Dürrenmatts »Die Physiker« gelesen. Wir haben dann geschaut, inwiefern »Woyzeck« in die Theorien passt, z.B. mit Spannungskurven, mussten aber feststellen, dass Georg Büchner seiner Zeit weit voraus war… In der Probeklausur haben wir ebenfalls mit Dürrenmatt und Büchner gearbeitet. Ein ausführlicher Feedbackbogen für eine Schreibkonferenz ist auch oben hochgeladen.
In der Stunde vor der Klausur haben wir gespielt (»Woyzeck-Würfeln« und die »Lesezeichen-Challenge«). Damit konnte die Prüfung zum Schluss kommen! 🙂
Ich hoffe, ihr konntet die eine oder andere Anregung finden! Vieles lässt sich sicher auch auf andere Dramen übertragen.
Juristisches: Die geteilten Materialien sind ein Ausschnitt meiner Unterrichtsreihe. Vieles daraus kann ich nicht teilen (z.B. weil mein Unterrichtsmaterial geistiges Eigentum von Autor*innen oder Verlagen enthält oder zu spezifisch auf Schüler*innen zugeschnitten ist).
Die Materialien dürfen bedenkenlos im Unterricht verwendet und dafür verändert werden. Auch Weiterverbreitung und Reuploads sind mit Verweis auf Laberfach.de gern gestattet. Lediglich die kommerzielle Verwendung des Materials ist vollumfänglich untersagt.
1 Antwort auf „Unterrichtsmaterialien zu Georg Büchners »Woyzeck« 🔪“
[…] vom Podcast „Laberfach“ hat seine Materialen zu „Woyzeck“ geteilt: https://www.laberfach.de/2025/02/08/mat02/. Siehe auch Hörempfehlung.Auch für Sportlehrkräfte ist heute etwas dabei. QUA-LIS NRW hat eine […]